„Ein Spiegel für mein Gegenüber“ heißt der Debütroman von Nadire Biskin, einer jungen türkischstämmigen Lehrerin aus Berlin-Wedding. Nadire Biskin hat sowohl Philosophie und Ethik als auch Spanisch studiert. In ihrem ersten Roman erzählt sie das Leben der Lehramtsreferendarin Huzur und greift dabei gesellschaftlich relevante Themen auf. Huzur, die in Deutschland Diskriminierung erfährt, wird auf ihre türkische Herkunft reduziert und bekommt unter anderem im Lehrerzimmer aufgrund ihres Migrationshintergrunds Rassismus zu spüren. Laut der Kolleg*innen solle man in Deutschland das Neutralitätsgesetz einhalten und auf religiöse Kopfbedeckungen verzichten. Da sie sich für ihre Identität einsetzt und zu ihrem Kopftuch steht, wird sie vom Referendariat suspendiert.
Die Lesung hat am 3. Mai 2023 an unserer Schule, der Kaiserin-Augusta-Schule in Köln, stattgefunden. Nadire Biskin hat aus ihrem Roman „Ein Spiegel für mein Gegenüber“ einige Seiten vorgelesen. Die Zuhörer*innen waren hauptsächlich Schüler*innen aus der Oberstufe. Auch Lehrer*innen der KAS haben sich mit voller Aufmerksamkeit der jungen Autorin gewidmet. Die Atmosphäre im Raum war erfüllt von Vorfreude. Mit ihrem sympathischen Auftreten, ihrer warmen Stimme und ihrer leidenschaftlichen Ausdrucksweise brachte Nadire Biskin Huzurs Situation zum Ausdruck. Die Emotionen und Gedanken, die Huzur erlebte, konnten die Zuhörer*innen hautnah miterleben. Nadire Biskin hat es geschafft, eine tiefe Empathie in uns zu wecken. Zwischendurch gewährte Biskin ihren Zuhörer*innen die Möglichkeit, Rückfragen zu stellen. Diese Chance haben wir uns selbstverständlich ergriffen. Die ersten Minuten der Lesung haben in mir bereits das Verlangen geweckt, mehr über die Handlung zu erfahren. Während der Lesung erkannten wir, wie wichtig es ist, über das Thema „Kopftuchverbot“ zu sprechen und zu reflektieren. Dieses Thema betrifft etliche Menschen und sollte deswegen ausgiebig behandelt werden. Immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund finden ihre Heimat in Deutschland. Jährlich steigt die Zahl der Migrant*innen. An jeder Schule hängt ein Schild mit „Schule ohne Rassismus- Schule mit Courage“. Dennoch ist fraglich, inwiefern die Deutsche Willkommenskultur präsent ist. Empfangen wir die Migrant*innen mit offenen Armen oder erwarten wir von Ihnen, ihre Identität aufzugeben? Das Vorurteil, dass Frauen mit Kopfbedeckung ursprünglich dazu gezwungen wurden, ist in unserer Gesellschaft leider immer noch präsent. Genau deshalb ist es umso wichtiger, über Feminismus und religiöse Kopfbedeckungen zu sprechen, unsere eigenen Vorurteile zu überdenken und die Geschichten anderer zu hören und ihnen Aufmerksamkeit zu schenken. Und genau das bewirkt Nadire Biskin mit ihrem Roman: Aktualität schaffen und Horizonte erweitern.
Zusammenfassend kann ich mit voller Überzeugung sagen, dass Nadire Biskin es geschafft hat, uns Schüler*innen und Lehrer*innen dazu zu ermutigen, uns für eine Welt einzusetzen, in der jeder die Freiheit hat, seinen Glauben auszuleben, ohne Angst vor Diskriminierung, Rassismus und Marginalisierung haben zu müssen. Wir bedanken uns bei Nadire Biskin und wünschen ihr alles Gute für die Zukunft!
Azad Tekman