Shida Bazyar begeisterte uns am 24.05.23 mit einer anregenden Lesung aus ihrem Debütroman „Nachts ist es leise in Teheran“. Die deutsch-iranische Autorin studierte kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim. Für ihren Roman erhielt sie 2016 den Ulla-Hahn-Autorenpreis sowie den Uwe-Johnson-Förderpreis.
In ihrem Buch erzählt sie uns die Geschichte einer iranischen Familie, die in den 1970er Jahren aufgrund der politischen Lage im Iran nach Deutschland flieht. Die Geschichte wird in einer Zeitspanne von 40 Jahren dargestellt. Aufgeteilt in vier Kapiteln, erfährt man als Leser*in die Perspektiven von den unterschiedlichen Charakteren der Familie.
Angefangen mit der Geschichte von Behsad im Jahr 1979, gelingt es Bazyar, die Atmosphäre des damaligen Teherans lebendig einzufangen. Durch ihre Lesung konnten wir in eine pulsierende Stadt, gefüllt von politischen Spannungen aber auch kultureller Vielfalt tauchen. Ihre anschaulichen Erzählungen geben einem das Gefühl, direkt dabei zu sein. Ebenso konnten wir Einblicke in die vielschichtige Figur von Nahid gewinnen, die uns das „Ankommen“ in Deutschland 1989 aus ihrem Blickwinkel näherbringt. Eine starke und mutige Frau, die sich mit den Herausforderungen ihrer neuen Lebenswelt auseinandersetzen muss. Bazyar schildert auf eine empathische und humorvolle Weise die inneren Konflikte der Familienmutter.
Während der Lesung erfahren wir wie die historischen Ereignisse mit der persönlichen Geschichte der Familie der Autorin ineinandergreifen. Durch ihre sorgfältig gewählte Sprache und ihren detaillierten Beschreibungen, schildert sie die umfassende politische Situation im Iran sehr anschaulich. Schnell wird innerhalb der Veranstaltung die Aktualität ihres Romans deutlich. Die politischen Aufstände sowie die derzeitige Lebenslage der Menschen im Iran, insbesondere der Frauen, sind Bazyar ein großes Anliegen. Ganz im Zeichen von Jin Jiyan Azadi erwähnt die Autorin, dass Frauen wie Mahsā Jîna Amînî, die Ereignisse im Iran in ihrem Buch als ein neues Kapitel weitererzählen könnten. Dieser Abend hat uns die Lebensrealität der protestierenden Menschen im Iran und deren lebensgefährlichen Einsatz im Kampf für Selbstbestimmung und ihre Menschenrechte noch einmal klar vor Augen geführt.
Die vorgetragenen Ausschnitte aus „Nachts ist es leise in Teheran“ haben uns sehr beeindruckt. Wir erhielten lebhafte Einblicke in die iranische Kultur und Geschichte. Shida Bazyar ist eine bemerkenswerte Erzählerin, die sensible Themen offen und hingebungsvoll behandelt. Wir danken Shida Bazyar für diesen bereichernden Abend und wünschen ihr alles Gute!